La Casita Colectiva


Ort: Mendoza, Argentinien
Projektpartner vor Ort:  Esteban Tialdi, Pedro Marsonet, Nicólas Ruiz Peyré und viele andere
Projektkoordination:  Maren von Brasch und Sophie Bawin
Projektförderung: 450 Euro pro Monat
Verwendungszweck: Miete des Hauses der Casita Colectiva
Projektbeginn: 2004

Projektziele:

Die Casita Colectiva (das kollektive Häuschen) ist eine Institution im Herzen Mendozas, in der mehrere Initiativen ein Zuhause finden. Jede der Initiativen leistet einen Beitrag, um auf regionale, soziale, ökologische und politische Themen aufmerksam zu machen und sie zu verbessern. Dabei kämpft die Casita unerlässlich gegen lokal vorherrschende Herausforderungen, wie beispielsweise die steigende Inflation und rechtspolitische Lage, an. Die Hauptziele der Casita sind: 

  1. Bereitstellung eines Ortes für den Austausch in der Bevölkerung Mendozas
  2. Aufklärung sowie Anregung zur kritischen Auseinandersetzung mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Themen
  3. Organisation von Aktionen zur Verwirklichung einer sozioökonomisch und ökologisch gerechteren Gesellschaft

Detaillierte Ziele

Die Casita Colectiva vereint mehrere Initiativen, die im folgenden kurz vorgestellt werden. 

Für weitere Information stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung, weitere Informationen finden Sie auch direkt auf der Homepage oder auf dem Social-Media-Kanal der jeweiligen Gruppe.

Giramundo TV

Ziel: Fernsehsender zur kritischen Auseinandersetzung mit sozialen, ökologischen und ökonomischen Themen


GiraMundo TV (TV um die Welt) ist ein gemeinschaftlicher, populärer, horizontaler und partizipativer Fernsehsender, der den Glaubenssatz vertritt, dass „Information ein RECHT für alle ist!“ und kämpft für eine Gesellschaft ohne Unterdrückte und Unterdrücker.

Der Fernsehsender, der sowohl im Fernsehen als auch online ausgestrahlt wird, wird von Studenten, Arbeitern, Kollektiven und Gruppen zusammen produziert. Ziel ist es, allen eine Beteiligung zu ermöglichen, da das Projekt auch zum Aufbau menschlicherer, sozialerer und arbeitsbezogener Beziehungen beitragen möchte. Der Fernsehsender ist ein Kommunikationsmittel, das sich für die Kommunikation als Grundrecht einsetzt.

2009 gegründet, geht der Fernsehsender aus dem Noticiero Popular (einer ehemaligen Initiative der Casita) hervor. Auch wenn am Anfang die Gründung der Initiative nur eine grobe Idee einiger Freunde war, haben sie sich im Laufe der Zeit das notwendige Wissen angeeignet, die erforderliche Ausrüstung installiert und sich rechtlich als Fernsehsender angemeldet, sodass sie Ende 2009 auf Sendung gehen konnten. Zur Feier der Eröffnung wurden damals 100 Stunden lang Sendungen zu verschiedenen Themen ausgestrahlt. 

Heute strahlt der Sender mehrere Stunden lang täglich ein vielfältiges Programm aus, darunter Reportagen über den Kindertag, Weihnachtsfeierlichkeiten, Theateraufführungen. Schon mehrfach wurde der Fernsehsender ausgezeichnet, unter anderem gewann er eine lokale Credicoop-Auszeichnung im Jahr 2023. Aufgrund aktuellen politischen Herausforderungen kämpft der linksgerichtete Fernsehsender heute besonders um Unterstützung.

Link zum YouTube-Kanal mit den Veröffentlichungen des Giramundo TVs, sowie zum Instagram Kanal.

El Espejo

Ziel: Herstellung von Verkaufsartikeln (Kalendern, Notizbüchern, Spielen) zur Aufklärung von sozialen, politischen und ökonomischen Herausforderungen nach fairen Kriterien

Die Initiative “El Espejo” (“Der Spiegel”) träumt von einem Wirtschaftssystem, in dem alle Menschen gleichberechtigt und in ihren Entscheidungen horizontal strukturiert sind. Solidarität, Vertrauen, Disziplin und Freude am Arbeiten stehen im Vordergrund. Dieses System will die Gruppe für sich selbst bereits heute realisieren – und zwar in einer Weise, mit der  sie auch davon finanziell leben können.

Bis Ende 2009 verkauften  sie 1000 Kalender, 1200 Hefte, 500 Spiele, 100 Kindermärchen. Zusammen mit dem Almacen Andante organisieren sie seit 2023 auch Spieleabende, auf denen unter anderem ihre eigenen Spiele gespielt werden. Die Selbstfinanzierung ist bereits soweit fortgeschritten, dass sie in einem sehr sparsamen Lebensstil von ihrer Arbeit leben können.

Im Jahr 2009 wurden von Desierto Florido e.V. die Mittel für einen Drucker bewilligt. Seither können sie ihre Produkte selbst drucken. Alle Aktivitäten und Produkte können Sie auf Instagram verfolgen.

Asamblea Popular por el Agua

Ziel: Aufklärung über die Umweltauswirkungen des Bergbaus und Förderung des Schutz des Wassers in der Region Mendoza

Die „Asamblea popular por el Agua“ (“Volksversammlung für das Wasser”) ist eine sozial-ökologische Initiative ohne politische Parteizugehörigkeit, die sich für den Schutz des Grund- und Trinkwassers einsetzt. Seit etwa 2005 informiert die Gruppe über die Auswirkungen bergbaulicher Methoden auf das Ökosystem und die Umweltverschmutzung durch metallhaltigen Bergbau in der Region um Mendoza. Die Gruppe engagiert sich in Diskussionen, Rechtsaktionen, Petitionen, nimmt an Anhörungen teil und betreibt Öffentlichkeitsarbeit.

Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten der Gruppe auf Twitter, Instagram und Facebook.

El Almacen Andante 

Ziel: Lieferservice für fair gehandelte Produkte zur Unterstützung lokaler Produzenten

Der Almacen Andante (“das wandelnde Kaufhaus”) wurde Anfang 2009 ins Leben gerufen. Unter dem Motto „otra economia es posible“ (eine andere Wirtschaft ist möglich) agiert der Almacen Andante als Vermittler zwischen lokalen Produzenten und Verbrauchern in der Region Mendoza. Einmal im Monat liefert er lokale und fair gehandelte Produkte direkt an die Haustür der Kunden.

Dieses Modell zielt darauf ab, den Produzenten einen gerechten Anteil am Wert ihrer Produkte zu bieten, indem sie direkt mit den Endverbrauchern verbunden werden. Dadurch wird vermieden, dass Produzenten in langen Lieferketten Geld verlieren. Die Initiative schafft auch Sicherheit für die Produzenten, indem sie einen stabilen Absatzmarkt für ihre Waren schafft, was es ihnen ermöglicht, ihre Produktion zu skalieren.

Während der argentinische Staat im Laufe der Jahre zunehmend neoliberale Wirtschaftspolitik verfolgt und die staatliche Unterstützung für die Wirtschaft verringert hat, spielt der Almacen Andante eine wichtige Rolle dabei, soziale Verbindungen und Unterstützung aufrechtzuerhalten. In einem Land, das sich von einem sozialen zu einem wirtschaftlich freieren Modell entwickelt und seit Jahren mit hoher Inflation kämpft, sind traditionelle soziale Sicherheitsnetze weniger robust, weshalb Solidaritätsinitiativen wie der Almacen Andante besonders wichtig sind.

Dazu arbeitet der Almacen Andante eng mit anderen Organisationen und Initiativen zusammen, um ein starkes Netzwerk des fairen Handels und der Solidarität aufzubauen. In regelmäßigen Veröffentlichungen stellt der Almacen Andante nicht nur die Produkte und Produktionsbedingungen vor, sondern hebt auch die dahinter stehenden Produzenten und ihre Geschichten hervor.

Trotz der Hindernisse und der sich ändernden wirtschaftlichen Landschaft hat der Almacen Andante bis Ende 2009 bereits 28 Produzenten unterstützt und belieferte 70 Adressen in der Region Mendoza. 

Der Almacen Andante war bereits mehrfach im argentinischen Fernsehen. Mitschnitte finden sich hier auf Youtube. Die gruppeneigene Homepage finden Sie hier. Die Homepage des Handelsnetzwerks finden Sie hier, ein Dokumentarfilm darüber ist hier auf Youtube zu sehen. Außerdem ist der Almacen aktiv auf Instagram.

Alondra – Akrobatik und Zirkus 

Ziel: Sozialer Zirkus zur Förderung von Inklusion und Kameradschaft

Das Kollektiv besteht aus Künstlerinnen, Managerinnen und Lehrerinnen, die seit 2017 gemeinsam in einem Bildungs-, Freizeit-, Kunst- und Kulturraum arbeiten. Derzeit besteht das Team aus sechs Künstlerinnen, die Expertise in Zirkus, Theater, Tanz, Freizeit und Kunst mitbringen. Die Hauptaktivitäten des Kollektivs umfassen Trainingsworkshops, die sich auf verschiedene Zirkusaktivitäten, Bewegung und Körperkunst konzentrieren. Dabei wird das Konzept des Zirkus aus einer sozialen Perspektive betrachtet, die auf Inklusion, Kameradschaft und Teamarbeit basiert und die individuellen Prozesse und Zeiten jedes Lernenden respektiert.

Jährlich bietet das Kollektiv der Gemeinde verschiedene Workshops an, die derzeit von etwa 70 Erwachsende und Kinder ab 4 Jahren aus dem Viertel und der Umgebung besucht werden (Stand 2023). Darüber hinaus veranstaltet das Kollektiv Seminare, die von lokalen Künstlern und Künstlerinnen sowie von Gastkünstlern aus anderen Provinzen geleitet werden.

Vergangene Initiativen 

Da der Großteil der Initiativen in der Casita Colectiva von ehrenamtlich engagierten Argentiniern geleitet wird, kommt es je nach Kapazitäten und sozialem Bedarf immer wieder zu neuen Initiativen, die in der Casita ihr zu Hause finden. Gleichzeitig gibt es auch Initiativen, die heute nicht mehr aktiv sind.

Zu ihnen gehört zum Beispiel der Noticiero Popular, der mittels Dokumentarfilmen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit sozialen, ökologischen und ökonomischen Themen anregen sollte. Auch die Biblioteca Colectiva, die ursprünglich mit dem Ziel, Literatur für jeden zugänglich zu machen, gegründet wurde, ist derzeit nicht aktiv, soll aber wieder geöffnet werden. Unter anderem ist auch die Araña Galponera, eine Gruppe von Künstlern, die künstlerische Ausstellungen organisierte, zur Zeit nicht in der Casita aktiv. Sie organisierte Ende 2009 eine große Aktion unter dem Motto „La calle es nuestra“ (die Straße gehört uns), in deren Rahmen Mauern und Straßen verschönert wurden.

Geschichte des Projekts

Die Casita Colectiva (Das kollektive Häuschen) ist ein beeindruckendes Beispiel für die Vernetzung mehrerer lokaler sozialer Gruppen mit denselben Zielen: Eine sozial, ökologisch und ökonomisch gerechtere Gesellschaft. Eine Gesellschaft ohne Armut und Hunger, in der niemand diskriminiert wird und in der sich nicht auf Kosten anderer Menschen bereichert wird. Jede Gruppe verfolgt andere Wege, um diese Ziele zu erreichen. Durch die Unterhaltung von gemeinsam genutzten Räumlichkeiten wird der Austausch und die Diskussion der Gruppen angeregt und Raum geschaffen für vielfältige Veranstaltungen.

Die Casita Colectiva ging aus der CECA (Casa de la expresión, la cultura y el arte) im Jahr 2009 hervor. Desierto Florido e.V. übernahm die Mietkosten der Räumlichkeiten der CECA (seit dem Jahr 2004) und heute der Casita. Zuletzt zog die Casita im April 2010 in ein größeres Haus um, da die Kapazitäten des alten Hauses bei weitem nicht mehr ausreichten. Dadurch stiegen die Mietkosten von 180 Euro auf 550 Euro. Von Beginn an ist es Ziel der Gruppen, sich selbst zu finanzieren. Die finanzielle Hilfe von Desierto Florido e.V. soll nur so lange Bestand haben, bis die Gruppen durch ihre verschiedenen Einnahmequellen genügend Geld selbst erwirtschaften. Diesem Ziel kommen sie immer näher. So tragen die Gruppen bereits heute die Hälfte der Mietkosten.

Die Gruppen, die in der Casita vereinigt sind, unterliegen einem ständigen Wandel. Manche Gruppen stoßen hinzu, formieren sich neu oder teilen sich in zwei neue Gruppen auf. Die Ziele bleiben dieselben, jedoch werden immer neue Wege ausprobiert. Die rege Umstrukturierung ist unter anderem Resultat des enormen Engagements der Gruppen. Wohingegen wir von Desierto Florido e.V. uns zum Beispiel einige Stunden pro Woche am Feierabend sozial engagieren, ist das für die meisten Mitglieder der Casita die Haupttätigkeit. Studium oder Nebenjobs laufen oft nebenher. Sie leben ihren Traum einer gerechteren Gesellschaft und ein paar Gruppen sind auf dem besten Wege, auch finanziell davon zu leben.

Wir möchten Ihnen bereits hierbei vielfach für Ihre Unterstützung danken, mittels welcher nicht nur Bedürftige in Mendoza mit Lebensmitteln versorgt werden, sondern auch ein bedeutender Teil des kulturellen und sozialen Lebens durch die Casita Colectiva ermöglicht wird. Insbesondere sozial schwächere Menschen aus den Randvierteln finden in den Gruppen der Casita Colectiva ihre ganz eigene Anlaufstelle, sei es in einem Akrobatikworkshop, mit der Möglichkeit, einen fairen Einkauf zu tätigen oder durch freie und unabhängige Berichterstattung.

Maren und Sophie von Desierto Florido e.V.